Das ist bei uns familienbedingt, das mit der Kunst. Und gleichzeitig war sie meine Rettung. Die Kunst hat mein Leben gerettet. Naja, das soll ja bloß nie erwähnt werden, das mit der Rettung, ist aber trotzdem so.
Claudia Scholz fragte in ihrer Blogparade „Wie, wann und warum bist du Künstlerin geworden?“ einfach mal nach. Und ich dachte, antworte ich ihr einfach mal. Aber hey, es wurde eine spannende Reise in die Vergangenheit und ich begann in meinen alten Fotos zu kramen. Ich startete eine Expedition in mein Früher, in meinen Urschleim sozusagen. Aber lest selbst!
In meiner Familie gab es eine Menge begabter Kunstinteressierter, aber nicht alle haben die gleiche Portion Fähnlein-Wiesenstreif-Forscherdrang am Mittagstisch auf den Teller geknallt bekommen.
Ich habe mir meine Portion selbst aufgetan und meine Teller zurechtgerückt.
aus der Videoserie „Familienbande“
Als in den 70ern in der DDR Geborene, war mein Lebensweg irgendwie stark voraussehbar, und auf keinen Fall gab es eine Aussicht auf ein freies Künstlerinnenleben. Das wäre nur mit einem Kunststudium + Abi realisierbar gewesen, aber dafür fehlten mir die Bestnoten, ganz davon abgesehen, fehlte mir außerdem die Erkenntnis, was Bestnoten mit Kunst zu tun haben. Zumindest aus meiner damaligen Sicht nicht viel. Also lernte ich dann doch brav einen Beruf und landete Ende der 80er als Theaterplastikerin im Quereinsteigermodus am Theater.
Und dann, ja dann geschah das absolut Unglaubliche: Die Mauer fiel und damit sämtliche äußeren Zwänge. Der Sechser im Lotto meines Lebens! Nix wie weg nach Berlin, raus aus der Provinz.
Dort angekommen schwamm ich in der großen Freiheit und musste erst mal schwimmen lernen.
Nadja Schüller-Ost – die Künstlerin, Video: das Warum
Die 90er in Berlin waren wild, bunt, nonkonform und sehr frei. So frei, dass ich nur mit Mühe meinen Anker fand.
Wohin in meiner Kunst? Was war mein Weg überhaupt, wie soll der aussehen und was will ich eigentlich?
Ich beginne mit der letzten Frage: Was wollte ich? Ich wollte ungestört und frei von jeglichen äußeren Zwängen malen, zeichnen und der Lust an der Kreativität frönen. Nichts und niemandem verpflichtet sein, niemandem außer mir selbst.
Das war viele, viele Jahre das Wichtigste für mich: die absolute künstlerische Freiheit. Ich hatte viel, viel nachzuholen.
Wenn ich zurückblicke auf das Kind Nadja, auf den Teenie, die junge Erwachsene, dann sehe ich einen Menschen, der wartet. Wartet, bis die Tür aufgeht, und der nur zaghaft durch den kleinen Spalt blickt, der lange ein kleiner Spalt blieb. Meine Rebellion war voller Farbe und Energie, eher trotzig als laut. Gepaart mit einem unendlich geduldigen Warte-Gen wusste ich: meine Zeit wird kommen. Nun ja.
Ich lief einen Marathon. Uff. Ich lief und lief, gefühlt drei Mal um die Welt.
Aber nichts veränderte sich wirklich. Mir schwirrte ständig dieser Satz von Einstein durch die Birne, der mit dem Wahnsinn und dem immergleichen Tun und dem Erwarten von bahnbrechend anderen Ergebnissen.
Also, auf zu Frage Nummer zwei: Was war, ist, soll mein Weg sein?
Mir war am Anfang meines Berliner Wegs nicht bewusst, dass meine Arbeiten polarisierten und provozierten.
Der Kunstmarkt machte einen weiten Bogen um mich, und ich um ihn. Ich war genervt von der Rolle einer Don Quijotin, bis ich verstand, welches Potenzial darin steckte, und das Rebellion genau mein Ding war. Und zack, habe ich ein Manifest geschrieben: Mein Rebellionsmanifest.
Wohin in meiner Kunst? Da ich nicht ausschließlich Rebellinnenkram produzierte, sondern auch „schöne Dinge“ malte, hatte ich das nächste Problem: das vom Entweder-oder. Also mal echt, es geht doch immer nur eins. Nun, die Freiheit, zwei entgegengesetzte künstlerische Pole zu verfolgen, empfinde ich als unbedingte Befreiung von äußeren Erwartungen.
Ich war bei mir angekommen. Bei der Verbindung meiner beiden Kernthemen: Rebellion und Schönheit. Die zwei Seiten meiner künstlerischen Arbeit erfüllen mich tief: ein Dualismus der Loslösung und eine Absage an die Linearität von Erwartungen und fremden Vorstellungen.
Ich bin eine, die durch sich selbst geht. Das Abenteuer der freien Entwicklung meiner Kreativität ist Teil meines rebellischen Wesens. Kunsthochschulen interessierten mich nicht wirklich, und das System Kunstmarkt war mit meiner freien Entwicklung nicht vereinbar. Ich war nie Teil dieses Systems. Um mich dem zu öffnen, braucht es Zeit, und es brauchte viel Zeit, meine Rebellion zu kanalisieren.
Ich bin mir nicht sicher, ob der Satz „der Weg ist das Ziel“ stets seinen Zweck erfüllt, oder das Herumirren heiligt. Ich hätte nur zu gerne mehrere Abkürzungen genommen. Doch ich kann die Vergangenheit nicht ändern, nur meine Gegenwart und Zukunft.
2 Antworten
Guten Morgen Daniela
das ist ein schöner illustrierter Lebendslauf von DIR .
Wir sind ja schon vernetzt ,nun aber weißich doch entschieden mehr von Dir.
Wollte dich ja so gerne noch in deinem atelier besuchen vor deinem Umzug.
Jetzt wird ja wohl ein persönliches Treffen bald auf dem Weihnachtsmarkt statt finden.
Darauf freue ich mich und verbleibe mit dahin mit lieben Grüßen
Lilo
siehe oben